Sicherheitsdienstleister als Garanten der Sicherheit in Russland
Alboth, Thomas (2007): Sicherheitsdienstleister als Garanten der Sicherheit in Russland, in: Stober, Rolf (Hrsg), Jahrbuch des Sicherheitsgewerberechts, Köln, Berlin. (gekürzte Fassung ohne Quellenangaben)
Abstract:
Die Art und Weise, wie heute in Russland durch private Agenturen die Sicherheit von Unternehmern durchgesetzt wird, ist zu einem großen Teil der Prioritätensetzung während der wirtschaftlichen Transformation geschuldet. Zwar wurde ein Großteil der Wirtschaft privatisiert, doch die notwendigen Rahmenbedingungen für eine funktionierende Marktwirtschaft fehlen noch immer, bzw. werden nicht von staatlicher Seite aus zur Verfügung gestellt. So wurde gezeigt, dass für das russische Unternehmertum der Grad an öffentlicher Sicherheit nicht ausreicht. Diese Sicherheit ist in Russland zu einer „Ware” geworden, um die verschiedene Anbieter auf einem „Schutz-Markt” konkurrieren. Der Staat hat in Prizls Augen durch diese Privatisierung” teilweise aufgehört Ordnungsmacht zu sein. In vielen Bereichen existiere ein Staat im Staate, eine privates Rechtssystem sowie Selbstjustiz. So werden zwei Drittel der Verträge ohne den Staat durchgesetzt, also durch die alternativen Anbieter.
Die Schwäche des Staates auf diesem Gebiet war vor allem Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre prekär. Die Koinzidenz der Entstehung privater Unternehmen, dem Zusammenbrechen staatlicher Sicherheitsstrukturen sowie dem fehlenden staatlichen Rahmenvorgaben ließ zuerst einen informalen und kriminellen Sicherheitsmarkt entstehen. Das Gesetz über private Schutzdienste von 1992 kann als Versuch gesehen werden, den Sicherheitsmarkt zumindest wieder unter staatliche Kontrolle zu bekommen. Es ist aber auch die Formalisierung einer ohnehin schon vorhandenen Praxis, denn sowohl verschiedene Staatsangestellte, als auch kriminelle Gruppen boten diesen Service ja bereits an.
Diese Entwicklung ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bringt sie einen Grad an staatlicher Aufsicht in den Sicherheitsmarkt, andererseits ist sie eine Manifestation der Tatsache, dass große Teile der Staatsgewalt und der Rechtsdurchsetzung heute in privaten Händen liegen. Auch in etablierten Marktwirtschaften leisten private Sicherheitsdienste einen Beitrag zur inneren Sicherheit, doch sie unterminieren nicht das staatliche Gewaltmonopol.
Wenn der Staat in Russland der Akteur werden will, der den Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit vorgeben und kontrollieren will, muss vor allem das Justizsystem gestärkt und die Aktivitäten der Sicherheitsagenturen strenger kontrolliert werden. Anderenfalls wird die Basis der unternehmerischen Ethik weiterhin durch den Respekt vor der Gewalt der Sicherheitsdienste und nicht durch Respekt vor dem Staat geprägt sein – eine denkbar schlechte Grundlage für die Entwicklung eines Rechtsstaates in Russland.
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» Thomas Alboth (2002): Garanten der Sicherheit: Über die Lage der Sicherheit von Unternehmen und die Anbieter von Sicherheit in Russland, Berlin. [pdf]