Hurrahhh!
26. Januar 2004
Noch 8 (in Worten: acht) Minuten und wir werden wieder einen Telefonanschluss besitzen. Jetzt nur noch sieben Minuten, bald nur noch sechs. Über einen Monat hat hier kein Telefon geklingelt, konnte man sich überlegen lächelnd zurücklehen, wenn ein Fremdling um Aufmerksamkeit ringend ein “Psst – Klingelt das Telefon?” in den Raum warf. Doch irgendwann war es doch nervig, jedes Mal zum Telefonieren auf die kalte Straße gehen zu müssen, besonders jetzt, wo soviel Schnee da draußen liegt. Und plötzlich wurden auch die Freunde selten, alles wird schwierig zu organisieren, kein Mal-schnell-im-Internet-nachschauen, schnell man anklingeln… Noch zwei Minuten.
War heute Abend in einem schönen Konzert Mahlers 5te. Wow. Ein riesiges Orchester das Dir durch Mark und Bein geht und dann denkt man an das kleine Plauener Theater zurück, wo es nur zwei Kontrabässe gab – heute waren es acht und vier Percussionisten und tausende Violinen… Ach, war das schön. Danke an Casi für die Einladung! Und nächsten Monat gehen wir dann in Mahlers 6te. Freu’ mich schon.
Ansonsten komme ich langsam in meine Diplomschreibphase. Bin jetzt offiziell angemeldet. Dank an Heike, die diese ehrenvolle Aufgabe für mich übernommen hat, während ich in Frankreich snowboarden war in der ersten Januarwoche. Trois Vallées – ein wirklich empfehlenswertes Skigebiet und dann muss man unbedingt in St. Martin de Bellville wohnen. Ist wohl einzige Nest dort, was wirklich natürlich gewachsen ist und nicht in den 70er Jahren 10etagig in die Landschaft gepflanzt wurde. War dort mit drei Männern – Männertour und keiner hatte ein Radio dabei. Da kommt man auf die blödesten Ideen und lernt wieder spielen, reden, Rätsel raten. Dafür verkommt man auf sozialer Ebene.
Werde jetzt mal in Bettchen gehen. Muss morgen nämlich wieder zeitig raus – Tutoriumsbesprechung, dann Vorlesung, Tutorium geben, dann Jura-Vorlesung. Abends vielleicht noch in die StaBi (Staatsbibliothek) gehen.
Was passiert sonst noch Erwähnenswertes – ach ja: das Telefon geht noch immer nicht, obwohl es nun schon nach zwölf ist. Man darf die Telekom scheinbar nicht zu wörtlich nehmen. Was sonst noch? Oh ja, der sagenumwobene Uni-Streik gegen die Kürzungen im Berliner Bildungsetat sind eingeschlafen. Es waren klasse Aktionen doch viel haben wir nicht bewegt. Immerhin hat das Thema Hochschule in Deutschland wieder einen wichtigeren Platz auf der öffentlichen und politischen Agenda erklommen und kein Politiker wagt es mehr, Bildung verbal einen geringen Stellenwert einzuräumen. Unsere Bildungsministerin träumt gemeinsam mit dem Finanzminister von Elite-Hochschulen, dabei wären einige Fakultäten eben dieser In-spe-Elite-Hochschulen glücklich, wenn ein paar weniger Fakultäten geschlossen und vielleicht 50 Profs weniger entlassen werden müssten. Komisches Land, komische Regierung, Alternative: keine.
Da bin ich froh, dass ich noch die Wahl habe, zwischen einem Glas Vodka und einem Schlückchen Rum.
Gute Nacht!
tom